Trauma-informiertes somatisches Coaching: Dein Weg zu nachhaltiger Transformation

Trauma-informiertes somatisches Coaching

Foto von Ashley Batz auf Unsplash

Trauma-informiertes somatisches Coaching ist ein integrativer Ansatz, der den Menschen in seiner Ganzheit betrachtet – Körper, Geist und Emotionen. 

Dabei wird nicht nur der mentale Aspekt von Herausforderungen berücksichtigt, sondern auch die emotionale und vor allem die körperliche (somatische) Ebene mit einbezogen.

In diesem Artikel erfährst Du die Grundprinzipien und Methoden dieses Ansatzes, warum er so wertvoll zur Bearbeitung Deiner Themen und Blockaden ist und ob diese Art des Coachings das richtige für Dich ist.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist trauma-informiertes somatisches Coaching

  2. Warum ist der Körper im ganzheitlichen Coaching so wichtig?

  3. Der Körper als erste Ebene: Eine wissenschaftliche Perspektive

  4. Die Rolle des Coaches in der somatischen Begleitung

  5. Die Herausforderung mit reinen Gesprächstherapien

  6. Die Integration von Achtsamkeit und Polyvagal-Theorie

  7. Ein individueller Weg zu meiner Lebensfreude

  8. Quellen

Was ist trauma-informiertes somatisches Coaching?

Trauma-informiertes somatisches Coaching basiert auf dem Verständnis, dass belastende Erfahrungen nicht nur im Kopf, sondern auch und vor allem im Körper gespeichert werden. 

Wie Dr. Peter Levine, einer der weltweit bekanntesten Psychologen und Psychotraumatologen und Begründer der Somatic Experiencing Methode, treffend beschreibt:

„Traumatische Symptome werden nicht durch das auslösende Ereignis selbst verursacht. Sie entstehen aus den eingefrorenen Energieresten, die nicht aufgelöst oder entladen wurden; diese Reste bleiben im Nervensystem gefangen, wo sie großen Schaden an unserem Körper und unserer Seele anrichten können.“

Trauma-informiertes somatisches Coaching integriert Wissen aus Disziplinen wie Epigenetik, Polyvagal-Theorie, Neurobiologie, Bindungstheorie und Psychologie. Im Mittelpunkt steht die Fähigkeit, die nonverbalen Botschaften des Körpers und das “Körpergedächtnis” zu entschlüsseln – sei es durch Spannungsmuster, Gesten, Atmung oder Haltung - und mit unseren aktuellen Lebensherausforderungen und unserer Lebensgeschichte über einzubringen.

Warum wir alle in unserem Leben mit mehr oder weniger Trauma beziehungsweise Verletztheit konfrontiert sind, liest Du in meinem Artikel zum Thema Trauma verstehen – Eine ganzheitliche Perspektive.

Warum ist der Körper im ganzheitlichen Coaching so wichtig?

Viele unserer aktuellen Herausforderungen – sei es in Bezug auf Selbstwert, Beziehungen, Karriere oder andere Lebensbereiche – wurzeln in früh entwickelten Anpassungs- und Überlebensstrategien. Diese Muster entstehen oft in der Kindheit als Schutzmechanismen und bleiben unbewusst aktiv, auch wenn sie uns im Erwachsenenalter nicht mehr dienlich sind.

Die häufigsten Strategien lassen sich den verschiedenen Zuständen unseres Nervensystems zuordnen, die durch Stress oder Trauma aktiviert werden können:

  • Flucht (Flight): Vermeidungsverhalten, Perfektionismus, ständiges Planen, Prokrastination, Workaholic-Verhalten oder Ablenkung durch Sucht.

  • Kampf (Fight): Dominanz, übermäßige Kontrolle, kritisches Verhalten, Rebellion oder Überkompensation durch Leistung.

  • Erstarren (Freeze): Emotionale Taubheit, Handlungsunfähigkeit, Dissoziation, Entscheidungsunfähigkeit, Selbstzweifel oder chronische Müdigkeit.

  • Anpassung (Fawn): Übertriebene Hilfsbereitschaft, Konfliktvermeidung, People-Pleasing, Überanpassung, Harmoniesucht oder Selbstaufgabe.

Diese Reaktionen sind nicht nur psychologisch, sondern auch körperlich verankert. Der Körper speichert Erinnerungen an belastende Erlebnisse, selbst wenn der Geist sie verdrängt hat. Wie Bessel van der Kolk, einer der führenden Psychater im Bereich Traumatherapie, beschreibt:

„Traumatisiert zu sein bedeutet, sein Leben weiterhin so zu organisieren, als ob das Trauma noch immer andauern würde.“

Dies zeigt sich in körperlichen Reaktionen wie Alarmbereitschaft, Erstarren oder Zusammenbruch, die ursprünglich Überlebensstrategien waren, im Alltag jedoch hinderlich sein können. Ein bewusster Umgang mit diesen Mustern ermöglicht es, sie zu regulieren und neue Wege zu finden.

Ein zentraler Aspekt des trauma-informierten Coachings ist die Neubewertung solcher Verhaltensweisen. Gabor Maté betont:

„Kinder werden nicht traumatisiert, weil sie verletzt werden. Sie werden traumatisiert, weil sie mit ihrem Schmerz allein gelassen werden.“

Viele Verhaltensweisen, die als problematisch gelten – wie Perfektionismus oder emotionale Taubheit – sind adaptive Strategien, die einst halfen, überwältigende Situationen zu bewältigen. Im somatischen Coaching werden diese Muster mit Mitgefühl betrachtet, um sie zu verstehen und nachhaltig zu verändern.

Somatisches Coaching - der Körper als erste Ebene

Foto von Romina Farías auf Unsplash

Der Körper als erste Ebene: Eine wissenschaftliche Perspektive

Als Menschen haben wir in den vergangenen Jahrhunderten extrem viel Wert auf unsere geistigen Fähigkeiten gelegt. Sie machen uns aus, machen uns menschlich und sind gleichzeitig die Ursache für die meisten unserer Probleme. Denn unser Geist hat die großartige Fähigkeit, sich bis ins kleinste Detail zu erinnern und sich die Zukunft lebhaft auszumalen.

Wenn diese Fähigkeiten nicht sinnvoll eingesetzt werden, führen sie dazu, dass wir in negativen Gedankenspiralen über Vergangenheit und Zukunft feststecken und dem Hier und Jetzt entfliehen.

Immer mehr Studien und Untersuchungen zeigen, dass wir dem Geist in Bezug auf die Integration unserer Traumata und Verletzungen und die Veränderung unserer Verhaltens- und Denkweisen zu viel Bedeutung beigemessen. Dabei haben wir ein wesentliches Element, unseren Körper, außen vor gelassen.

Noch bevor wir einen Gedanken fassen oder eine Emotion benennen können, findet die Erfahrung in unserem Körper statt:

Neurologische Grundlagen

Die Amygdala und andere subkortikale Strukturen verarbeiten emotionale Reize innerhalb von Millisekunden, noch bevor diese Informationen den präfrontalen Kortex für bewusstes Denken erreichen. Der "unbewusste Teil" des Gehirns löst zuerst körperliche Reaktionen aus, bevor der "bewusste Teil" diese physiologischen Zustände als Emotionen interpretiert und Gedanken ableitet. [3]

Die Rolle des Körper-Gehirn-Netzwerks

Die Inselrinde (Insula) spielt eine zentrale Rolle bei der Verbindung von körperlichen Empfindungen mit emotionalem Bewusstsein. Diese Region integriert körperliche Signale, bevor sie ins bewusste Erleben überführt werden. Störungen in diesem Bereich können die unsere Fähigkeit, emotionale Zustände bei uns selbst oder anderen wahrzunehmen und zu verstehen, erheblich beeinträchtigen. [4]

Hierarchische Verarbeitung

Die Polyvagal-Theorie zeigt, dass unser autonomes Nervensystem hierarchisch arbeitet: Körperliche Sicherheitssignale werden zuerst verarbeitet, noch vor der bewussten Wahrnehmung. Diese evolutionär entwickelte Hierarchie stellt sicher, dass überlebenswichtige körperliche Reaktionen Vorrang haben. [1]

Somatische Marker als Entscheidungsgrundlage

Die Somatische-Marker-Hypothese belegt, dass emotionale Prozesse über körperliche Signale unser Verhalten steuern, bevor bewusste Entscheidungen getroffen werden. Diese körperlichen "Markierungen" dienen als unbewusste Entscheidungshilfen und beeinflussen maßgeblich unser Verhalten. [2]

Für die Arbeit mit unseren Emotionen, Gedankenspiralen, Verhaltensweisen und Lebensentscheidungen bedeutet das:

  • Emotionale Intelligenz beginnt mit der Wahrnehmung körperlicher Signale

  • Therapeutische Ansätze und Coaching-Ansätze sollten den Körper als primären Zugang zu Emotionen und der eigenen inneren Stimme nutzen

  • Entscheidungsprozesse werden stark von körperlichen Empfindungen beeinflusst

  • Die Integration von Körperarbeit in therapeutische Interventionen ist wissenschaftlich fundiert

Diese Erkenntnisse unterstützen körperorientierte Coaching- und Therapieansätze und zeigen, wie wichtig es ist, den Körper als primären Ort der emotionalen Verarbeitung zu verstehen und zu respektieren.

Die Rolle des Coaches in der somatischen Begleitung

Ein trauma-informierter somatischer Coach bringt nicht nur fundiertes Wissen mit, sondern auch eine hohe Sensibilität für die nonverbalen Signale der Menschen, die begleitet werden. 

Dabei werden im Coaching-Prozess auf folgende Aspekte besonders geachtet:

  • Körpersprache: Haltung, Bewegung, Spannung oder Kollaps.

  • Stimme: Tonlage, Lautstärke, Rhythmus.

  • Atmung: Flachheit, Tiefe, Rhythmus.

  • Gefühlsausdrücke: Emotionen, die sich im Gesicht oder in der Körperspannung zeigen.

Diese Beobachtungen helfen dabei, die tiefer liegenden, oft unbewussten Muster zu erkennen, die das eigene Verhalten und die Reaktionen beeinflussen.

Die Herausforderung mit reinen Gesprächstherapien

Reine Gesprächstherapien, wie die kognitive Verhaltenstherapie oder der systemische Ansatz, haben ihren Wert, stoßen für sich genommen bei dem Versuch eine nachhaltige Veränderung in festgefahren Verhaltens- und Gedankenmustern zu schaffen, allerdings oft an Grenzen. 

Das liegt unter anderem daran, dass das ständige Analysieren belastender Erlebnisse und das Sprechen darüber das Nervensystem erneut aktivieren und retraumatisieren kann. Deshalb braucht es unbedingt ein tiefes Verständnis des Nervensystems und der Körperprozesse seitens des Coaches oder der Therapeut:in.

Janina Fisher, eine renommierte klinische Psychologin und Trauma-Expertin, die sich auf die Behandlung von komplexem Trauma und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) spezialisiert hat, betont die Bedeutung eines sanften Ansatzes:

„Es braucht sanfte und nährende Formen der Unterstützung, keine intensiven und retraumatisierenden Methoden.“

Hier kommt der somatische Ansatz ins Spiel. Statt „von oben nach unten“ (Top-Down) zu arbeiten – also vom Denken zum Fühlen – wird ein „von unten nach oben“ (Bottom-Up) Ansatz verfolgt. Dieser Ansatz beginnt mit der Wahrnehmung des Körpers und arbeitet sich von dort aus zu den Emotionen und Gedanken vor. So kann eine Brücke zwischen Top-Down, also der geistigen Ebene, und Bottom-Up, also der körperlich-emotionalen Ebene, geschaffen werden.

Die Integration von Achtsamkeit und Polyvagal-Theorie

Die Polyvagal-Theorie von Stephen Porges liefert eine wichtige Grundlage für das Verständnis, wie unser Nervensystem auf Stress reagiert. Sie hilft Coaches, die Aktivierungs- und Deaktivierungsmuster ihrer Klient:innen zu erkennen und zu regulieren. 

Achtsamkeitstechniken, angepasst an Deine Bedürfnisse, können helfen, das Nervensystem zu beruhigen und die Fähigkeit zur Selbstregulation zu stärken.

Ganzheitliches Coaching für mehr Leichtigkeit und Lebensfreude

Foto von Fuu J auf Unsplash

Ein individueller Weg zu mehr Lebensfreude

Trauma-informiertes somatisches Coaching ist kein standardisierter Ansatz. Jede:r Klient:in bringt eine einzigartige Lebensgeschichte und individuelle Bedürfnisse mit. 

Der Coach co-kreiert den Entwicklungsprozess mit dem Klienten und passt die Interventionen flexibel an. Wie Frank Anderson betont:

„Um mit jemandem zu arbeiten, der Trauma in seinem Leben hat, musst Du [als Coach] an Deinem eigenen [Trauma] arbeiten.“

Die Arbeit an sich selbst ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Ansatzes, da sie es dem Coach ermöglicht, präsent, mitfühlend und sicher in der Begleitung zu sein.

Trauma-informiertes somatisches Coaching ist ein Weg, der nicht nur den Körper, sondern auch das Herz und die Seele des Menschen anspricht – ein ganzheitlicher Ansatz, der Raum für Wachstum, innere Stabilität und Selbstmitgefühl schafft.

trauma-informierter somatischer Coach Josefine Weichand

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Quellen

[1] Libet, B., et al. (2013). "Timing and awareness of movement decisions: does consciousness really come too late?" Frontiers in Psychology. DOI: 10.3389/fpsyg.2013.00382

[2] Knight, M., et al. (2023). "Study sheds light on where conscious experience resides in the brain." University of California, Berkeley News.

[3] Rajmohan, V., & Mohandas, E. (2021). "Understanding Emotions: Origins and Roles of the Amygdala." Journal of Clinical Neuroscience. PMC8228195.

[4] Canales-Johnson, A., et al. (2022). "Brain-heart interactions in the neurobiology of consciousness: The insular cortex as a multimodal integration hub." Neuroscience of Consciousness. DOI: 10.1016/j.nbcr.2022.100042









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